Einer Doppelbeschreibung auf der Spur

Einige Gedanken zu:
Echinocereus tamaulipensis ssp. waldeisii (Haugg) Lange

Echinocereus tamaulipensis ssp. deherdtii Lange

Wer sich mit den unter dem Namen Wilcoxia bestens bekannten, heute unter Echinocereus geführten, kargen und nicht sonderlich attraktiv geltenden Pflanzen beschäftigt, wird über kurz oder lang feststellen, dass ein sehr wichtiges Organ die Wurzel darstellt.

Im Kakteenreich gibt es nicht sehr viele Arten, die eine solch perfekte Anpassung erreicht haben. Durch ihren schlanken Wuchs sind sie, obwohl ihnen ein stark holziges Leitbündel zueigen ist, doch auf eine Stütze gegen Windbruch und zusätzliche Wurzelknollen gegen Vertrocknung angewiesen. Als Stütze und Schattenspender ist in ihrer natürlichen Umgebung der fast allgegenwertige Creosotbusch dafür hervorragend geignet.

Alle bis jetzt bekannten Echinocereen der Sekt. Wilcoxia bilden unterschiedliche Speicherorgane aus, was genotypisch festgelegt ist und somit als Unterscheidungsmerkmal mit herangezogen werden kann.

Unter den Wilcoxien bilden nur E. waldeisii und E. poselgeri ein ähnliches Wurzelsystem aus. Vgl. hierzu KuaS 41(12)276 sowie KuaS 45(1)7.

Man bemerkt, selbst in neuerer Literatur, dass der Name Wilcoxia immer wieder für Artikel genommen wird, was u. E. auch nicht als Nachteil zu werten ist. Selbst Del Weniger, bekannt für seinen Hang zu Großgattungen, (u.a. gibt es für ihn keine Coryphanthen und Escobarien, sondern einzig die Gattung Mammillaria) lässt Wilcoxia als Gattung gelten. Als Unterschiede zu Echinocereus nennt er die viel schlankeren Stämme, ihre kletternde Gewohnheit, eine niemals im Westen vorhandene Rasenbildung, die knolligen Wurzeln, der Blütenansatz der bei Wilcoxia innerhalb der Areolen liegen soll, sowie die unterschiedliche Samenform. Unseren Beobachtungen zufolge, liegt der Blütenansatz bei beiden Typen jedoch über den Areolen.

Als Unterschied zu Peniocereus gibt Del Weniger an, bei Wilcoxia die höhere Anzahl von Rippen, die bei Penocereus nicht über 6 liegt, die Wurzelrübe, die tagöffnenden meißt violetten Blüten der Wilcoxien, im Gegensatz zu den nachtöffnenden weiß bis rosafarbenen Peniocereusblüten sowie die Früchte mit ihrer unterschiedlichen Bedornung und die verschiedenen Samen.

Alles in allem sind u. E. die Wilcoxien zwischen Echinocereus und Peniocereus als klare eigenständige Gruppe gut zu unterscheiden, weshalb der Name Wilcoxia nicht in Vergessenheit geraten sollte, auch wenn der gegenwärtige Trend sie unter Echinocereus vereinigt.

Als in KuaS 46(6)133-144 durch Lange eine Revision der Gattung Echinocereus sect. Wilcoxia erschien, war die Freude groß, endlich eine gute Übersicht über die bis dahin nicht immer ganz klare Zuordnung in der Namensgebung bei der Gattung Wilcoxia zu erhalten. Diese gute und umfassende Arbeit wurde wenig später deshalb auch mit dem Karl- Schumann Preis der DKG ausgezeichnet.

Bei der Erstbeschreibung von Echinocereus tamaulipensis ssp. deherdtii Lange, die einen Teil dieser Arbeit darstellte, fiel jedoch die überraschend ähnliche Beschreibung wesentlicher Pflanzenteile auf, wie sie 1 1/2 Jahre zuvor von Haugg für Echinocereus waldeisii verwendet wurde.

Da unter verschiedenen Bedingungen sowie begrenzter Klone auch differierende Beschreibungen erfolgen können, wählten wir zum Vergleich jeweils mehrere Klone aus 3 von verschiedenen Aufsammlungen stammenden Pflanzen aus, die, um ein adäquates Ergebnis erzielen zu können, sämtlich in einer Wuchshöhe von 30 - 40cm verglichen wurden. Diese Größe musste gewählt werden, da Pflanzen RH 119 erst wenige Jahre im Handel sind und erst diese Größe erreicht haben. Um einen Gesamteindruck zu geben, werden Daten der EB bzw. maximal Angaben in Klammern gemacht.

Verwendet wurden in der Tabelle Pflanzen von Echinocereus waldeisii, Haugg (Typstandort: westlich Tula SLP - org. Waldeis Typaufsammlung), Echinocereus tamaulipensis ssp. deherdtii, Lange (Typstandort: EL Sol Coa. - org. De Herdt Sämlinge) und Echinocereus Waldeisii RH 119 (Typstandort: Tula SLP - Sämlinge Mesa Garden, RH = Ralph Peters)

Echinocereus

Waldeisii

tamaulipensis ssp. deherdtii

Waldeisii
RH 119

Erstmals im Handel

Waldeisii

spec. Schwärzlich bedornt, fast weiße Blüte von De Herdt

spec. Tula, gelbe Blüte von Mesa Garden

Erstbeschreibung

KuaS 45(1)6-7

KuaS 46(6)133-144

keine

Höhe in cm

laut Erstb. 50

laut Erstb. 100

nicht bekannt

Sprossdurchmesser in cm

ca.1 (1,5)

ca. 1 (1,5)

ca. 1

Rippen

6-8 (meist 8)

6-9 (meist 8)

8-9 (meist 8)

Randdornen

15-21 meist 19 weiß (20-27)

18-21 meist 18 weiß (ca. 15)

15-17 meist 17 weiß

Mitteldornen

4 kreuzständig, schwarz (6-10)

4-5 meist 4, kreuzständig, schwarz (bis 10)

4 kreuzständig, schwarz

Blüte in cm

5-9 blassgelb, (3,5 gelb)

5-9 blassgelb, (9 weiß-creme)

noch keine beobachtet

Wurzel in cm

dahlienartig, ca. 6-10 lang, ca. 2-3 breit, hell

dahlienartig, ca. 6-10 lang, ca. 2-3 breit, hell

dahlienartig, ca. 6-10 lang, ca. 2-3 breit, hell

Die Tabelle soll nur eine Übersicht über die wichtigsten Merkmale geben. Alle uns bisher bekannten Klone sind auffallend uniform, weshalb sie auch sehr leicht innerhalb der Wilcoxien bestimmt werden können. Einzelheiten können in den jeweiligen Erstbeschreibungen nachgelesen werden. Einige ergänzende Erläuterungen sollen jedoch noch angefügt werden.

Wir beobachteten, dass die Wuchshöhe von E. waldeisii je nach Standort schwankt und auf die Größe der Creosotbüsche angepasst ist. Das größte Exemplar hatte die Höhe von 120 cm, die typische Größe liegt jedoch bei 50- 80 cm. Die Primärfarbe der Blüte ist in ihrer Farbe ein blasses Gelb, die bei einer Temperatur von 25- 30 °C ca 7 cm groß ist. Es werden aber auch kleinere Blüten ausgebildet, die dann merklich gelber wirken und wohl Haugg so vorlagen. Blüten wie sie Lange beschreibt, weiß bis creme und ca. 9 cm breit entstehen bei starker Sonneneinstrahlung. Wir haben sogar an gepfropften Exemplaren vereinzelt 10 cm gemessen, dann erscheint bei zurückgebogenen Blütenblättern die Blume fast rein weiß.

Da wir meinen, dass es sich bei E. waldeisii Haugg und E. tamaulipensis ssp. deherdtii Lange um ein und dieselbe Art handelt, waren wir nun interessiert, ob es sich bei El Sol, wie Lange den Typenstandort seiner "deherdtii" angibt, eine isolierte Population gibt. El Sol liegt ca. 350 km Luftlinie vom Typstandort E. waldeisii entfernt. Bislang sahen wir in dieser Gegend nur Pflanzen des Typs von Wilcoxia kroenleinii. Herr Cyriel De Herdt gab überdies freundlicherweise an einen der Autoren auf Anfrage (belegbare briefliche Mitteilung vom 7.8.1991) nach dem Fundort der als Wilcoxia spec. fast weiße Blüte, also Langes späterer ssp deherdtii angebotenen Pflanze an, er kenne den Standort nicht genau, nach Angaben des Entdeckers Herrn Swoboda aus Österreich wächst die Pflanze ca. 30 km westlich von Tehuacan. Heute wissen wir, dass Swoboda die Pflanzen in der Gegend von Matehuala zugetragen wurden, er den Standort demnach nicht kannte und somit auch keine genauen Angaben machen konnte.

Um dennoch sicher zu gehen, haben wir daraufhin das Gebiet von El Sol wieder besucht um auf unseren Wanderungen diese Pflanzen zu suchen. Mit 2 Fotos von E. waldeisii und E. kroenleinii unterwegs fragten wir hier und da Einheimische, die uns auf unserem Weg begegneten, sowie bei Ortsansässigen. Viele kannten solche "Stengel" nicht, einige Jungen wussten aber, dass es solche Pflanzen hier gibt, aber "solamente florales rosa" war stets die Antwort; nur mit rosa Blüten! Wir können daraufhin annehmen, da wir trotz intensiver Suche an mehreren Stellen keine Pflanze des E. waldeisii Typs fanden, dass es Langes E. tamaulipemsis ssp. deherdtii nicht in der Gegend von El Sol gibt!

Bei E. waldeisii gibt Haugg an, dass die Pflanzen von ihm und anderen Pflanzenliebhabern am Standort beobachtet werden konnten. Während Lange sich bei seinen Angaben auf einen Kakteensammler verlässt der, aus welchen Gründen auch immer, zwei verschiedene, zudem extrem weit voneinander entfernte Standorte angibt.

Die Revision der Gattung Wilcoxia ist begrüßenswert, ob der Name Wilcoxia dabei auf der Strecke bleibt, ist sekundär, nur ist es schade, dass gegen Ende des 20sten Jahrhunderts mit all seinen technischen Möglichkeiten Erstbeschreibungen verfasst werden ohne genaue Kentnisse über eine bereits beschriebene Art sowie die Verbreitung der zu beschreibenden Pflanze.

Der Name E. tamaulipensis ssp. deherdtii Lange sollte somit als Synonym von Echinocereus waldeisii Haugg angesehen werden.

Wir nehmen uns vor, unsere Gedanken zum Komplex um Wilcoxia poselgeri - kroenleinii - tamaulipensis demnächst zu veröffentlichen. Hierzu gehören noch zwei uns bisher noch nicht bekannte Formen, die wir derzeit beobachten, ein Lau Fund und eine Pflanze ähnlich der W tamaulipensis.

Dem Liebhaber und Laienbotaniker bleibt nur zu hoffen, dass bei all den derzeitigen Revisionen in den verschiedensten Gattungen, die nicht immer auf Verständnis stoßen, am Ende wieder die Gattung Echinocactus steht, mit der es einmal begann.

Andreas Böcker Dieter Waldeis
Lordheimerlandstr.1 Groggelhofen 25
D-37181 Hardegesen 1 D-89346 Bühl